Groundplane- & Nahfeldmessungen mit Betrachtung
von Bafflestep, Raumwinkel & Messabstand
- Aus der Praxis 

 

Was ist GPM? - Ground Plane Measurement

Hierzu wird das Messobjekt als auch das Mikrofon auf den Boden gelegt, als Abstand wählt man das Fernfeld.
Die Geschichte nennt man auch Spiegelschallquelle, da das Mikrofon quasi 2 Messobjekte sieht und sich dazwischen befindet.

Somit haben wir (sofern keine Wände vorhanden) eine reflexionsfreie Messung im Vollraum,
da der Boden als Spiegel dient und eine zweite, identische Schallquelle abbildet.

Die untere Grenzfrequenz bestimmt der Abstand zur nächsten reflektierenden Fläche, bzw. Objekt, welches mindestens der Größe der Wellenlänge entspricht, besser aber wir gehen von 1/2 aus.
Sagen wir mal bis 200Hz sollte nix rumstehen was größer als 80cm ist.

 

Wozu GPM

Kurz: Um vernünftig, reflexionsfrei den Bassbereich zu messen.

Steht unser Topteil auf z.B. 3 Meter Höhe und wir können es in 1m Abstand messen (sofern keine Wand vorhanden),
entspricht die erste reflektierende Fläche dem Boden.
Hierzu können wir der Einfachheit halber den Rechner zum Messabstand auspacken:
https://www.jobst-audio.de/tool/akustik/messabstand 

Der Schall hat also einen Laufweg von 6,3m (Lautsprecher -> Boden -> Mikrofon), ab hier müssen wir spätestens ein
sogenanntes Gate (Window - "Fenstern" genannt) setzen, umgerechnet also circa 12,6ms.

Diese 12,6ms entsprechen einer unteren Frequenz von 80Hz.
In der Praxis (nach meiner Erfahrung) können wir hier aber circa 1/3 draufrechnen um die Messung vernünftig ablesen zu können.
Somit ist die Messung in 3m Höhe gültig ab grob 120Hz.

Jetzt kommt GPM in's Spiel, denn den Bereich unter 120Hz ermitteln wir mit GPM und hängen diesen an die Stativ-Messung mit an.

 

gpm master jobst

In obiger Abbildung sehen wir 4 Messarten

  • Vollraum, völlig relfexionsfrei - Nicht praxisgerechnet, kann man halbwegs in einem RAR nachbilden (fu variiert)
  • Halbraum - So zu messen gibt leider keine wirklich guten Ergebnisse, der Bass müsste hierfür bündig im Boden eingebaut werden,
    jedoch messen wir dann den Bafflestep nicht mehr und müssen diesen manuell abziehen. Auch hierfür gibt's RAR
  • Vollraum 4pi am Stativ - Unsere übliche Messung von Topteilen mit gesetztem Gate
  • Groundplane

Für uns sind also die beiden letzteren/unteren Messarten praxisgerecht.


Messabstand & Fernfeld

Messung am Stativ:

Bei Topteilen ist das erst mal einfach: Wir wählen einen vernünftigen Messabstand damit wir die Einzelschallquellen unter so wenig Winkel wie möglich messen,
aber noch ausreichend tief runter messen können.
Je größer das Topteil und/oder desto weiter die Schallerzeuger auseinander, desto größer muss der Messabstand ausfallen.
Je größer der Messabstand (und/oder geringer die Messhöhe), desto höher liegt fu (die tiefste aussagekräftige Messfrequenz).

2 Messhöhen gegenübergestellt, inkl. 1/3 der Frequenz draufgerechnet:

Abstand3m Messhöhe1,5m Messhöhe
50cm 93Hz 203Hz
100cm 102Hz 238Hz
200cm 120Hz 322Hz
400cm 160Hz 516Hz

 


Als Beispiel nehmen wir das LF-Sat8 und LF-Sat28:

Üblicherweise befindet sich unsere 0° Achse zwischen Hochtöner und Tieftöner, die sogenannte Hörachse (kann man natürlich auch anders auslegen).
Jetzt betrachten wir uns die Messabstände für die 1x8" Box (Pink) und die 2x8" Box (Pink+Rot), bzw. unter welchen Winkeln wir bei welcher Entfernung messen.

messabstand Topteil

Wir erkennen hier, dass wir schon bei solch einem kleinen Topteil mindestens 1m Abstand nehmen müssen,
bei einem 2x8" Topteil sollten wir schon 2 Meter Abstand nehmen.

Nicht aufgelistet habe ich hier die Laufwege, sprich das unterschiedliche Delay je nach Messposition.

Mal zur 50cm Position: HF 51cm, LF1 51cm, LF2 dagegen 59cm.
Das entspricht einem Laufzeitversatz von 8cm, also grob 0,23ms

AbstandWinkel HF/LF 1x8Winkel HF/LF 2x8
50cm 9° / 12° 9° / 32°
100cm 5° / 6° 5° / 17°
200cm 2,3° / 3° 2,3° / 9°
400cm 1,2° / 1,5° 1,2° / 4,5°


Je geringer der Abstand, desto größer der Winkelfehler, als auch die Laufzeitdifferenz.
Somit gilt: Je höher wir ein Chassis einer Box in der Frequenz messen, oder je höher wir die Trennfrequenz setzen, desto größer muss der Messabstand werden.

 

Groundplane-Messung:

gpm messabstand

Bei der GP-Messung erkennen wir, dass die entsprechende Box je nach Messabstand anwinkelt werden sollte.
Je geringer der Messabstand, desto steiler sollte die Box geneigt werden, jedoch wird auch die Winkeldifferenz zwischen beiden (Box und Spiegelschallquelle) größer.
Sehr gut erkennen wir auch, dass der Winkel am Mikrofon zunimmt. Hier ist es also wichtig, dass man ein Mikrofon mit Kugelcharakteristik nutzt, welche auch möglichst gut eingehalten wird!

Je größer der Messabstand, desto geringer der Messfehler.
Je geringer der Messabstand desto tiefer liegt die obere, aussagekräftige Messfrequenz.*
(*Zu nah befinden wir uns im Nahfeld, Bafflestep nimmt ab, ergo wird auch der tiefe Frequenzbereich ungenauer, samt Pegelabweichung. Hierzu später mehr)

Abstand GewinkeltWinkel MOWinkel SSDifferenzWinkel Mikro
0,5m 0,0° 1,2° 1,2° 20,5°
1,0m 0,0° 0,6° 0,6° 11,1°
2,0m 0,0° 0,3° 0,3°

 

Abstand UngewinkeltWinkel MOWinkel SSDifferenzWinkel Mikro
0,5m 19,3° 20,3° 1,0° 19,3°
1,0m 9,9° 10,5° 0,6° 9,9°
2,0m 5,0° 5,3° 0,3°


MO: Messobjekt
SS: Spiegelschallquelle
Werte leicht gerundet


Nahfeld & Fernfeld

Wir wissen, dass wir pro Entfernungsverdopplung jeweils -6dB Pegel messen, dies gilt jedoch nur für das Fernfeld (und nicht kohärente Wellenfronten, Bsp. LineArrays).
Im Nahfeld verlieren wir allerdings nur -3dB pro Entfernungsverdoppelung (LA erweitern also das Nahfeld, weiter hinten fallen diese aber auch wieder mit -6dB ab)
Ebenfals haben wir im Nahfeld das Problem, dass wir uns immer weiter einer Halbraumcharakteristik nähern, die Schallwand hat dann immer weniger bis keinen Einfluss mehr.
Wir befinden uns nicht ab einem festen Abstand im Nahfeld und "zack" verlieren wir nur noch 3dB statt 6dB, der Übergang ist langsam steigend.


Über den Daumen kann man sagen:
• Fernfeld - Messabstand sollte 3x größer als die größte Abmessung der Quelle sein. (Diagonale 68cm = 204cm Messabstand)
• Nahfeld - Hier ist der Abstand entsprechend geringer.
• Nahfeld direkt an der Membran/Port - Messabstand kleiner als 0,11 x Größte Abmessung der Quelle. (Pegelfehler entspricht dann unter 1dB)


Ein Topteil spielt auf einem Stativ immer im Halbraum und im Vollraum,
bei welcher Frequenz der Übergang vom Halbraum zum Vollraum stattfindet ist abhängig von der Schallwandgröße.
Bei dieser Frequenz erhalten wir auch den Pegelzuwachs von allen anderen Raumwinkeln,
z.B. Boden- Wand- oder Eckaufstellung. (2pi /1pi / 0,5pi), also vereinfacht immer +6dB dazu.

Das ganze schaut dann z.B. so aus:

gpm raumwinkel kinotop

Hier sehen wir eine 2-Wege-Box im Vollraum (Hellblau),
im Halbraum (Blau) und im Viertelraum (Grau) - (Letzteres leicht unsauber gemessen, aber zur Veranschaulichung tut's das).
Wir erkennen ab wann es die +6dB gibt und bis zu welcher Frequenz hin wir Pegelzuwachs erhalten.
Die Schallwand entspricht hier 35x50cm.
Der Messabstad-Rechner spuckt aus, dass wir bei 1m Messabstand ab genau 200Hz im Fernfeld sind.
Rechnen wir in ARTA den Bafflestep raus, beginnt dieser ganz leicht ab 300-400Hz, minimal höher (circa eine Oktave) als in der Messung, passt aber ziemlich.
Circa -3dB bei 100Hz und -6dB bei 50Hz. Bei 300Hz knapp unter 1dB.


Noch mal zu den Begrifflichkeiten:

  • Freifeld - Direktschall ohne Reflexionen.
  • Hallfeld - Dies stellt das Feld nach dem Freifeld dar, Reflexionen & Direktschall vermischen sich (also das Diffusfeld).
  • Hallradius - Dies stellt die Grenze zwischen Frei- und Hallfeld dar.
  • Fernfeld - Wellenlänge größer als Abmessung der Quelle, Pegel nimmt mit 6dB Pro Entfernungsverdoppung ab.
  • Nahfeld - Messabstand kleiner als die gemessene Wellenlänge, Pegel nimmt mit 3dB Pro Entfernungsverdoppung ab.
    Dies stellt die Schallfelder dar

  • Direktfeld - Der direkt eintreffende Schall - Wir messen die Schallquelle direkt.
  • Diffusfeld - Direkter Schall samt Reflexionen - Wir messen Schallquelle und z.B. den Raum zusammen.

  • Vollraum - Eigentlich wie Freifeld, wir haben keinen Raumwinkel.
  • Halbraum - Es gibt einen Raumwinkel (z.B. der Boden), die Kugel (Abstrahlung vom Bass) wird zur Halbkugel.
  • Viertelraum - 2 Raumwinkel, z.B. steht die Box am Boden und an einer Wand dran, die Kugel wird zu Viertelkugel.
    Dies sind die Raumwinkel, je Raumwinkel erhalten wir +6dB Pegel.

 

GPM versus Nahfeldmessung

Diese Nahfeldmessungen werden direkt an der Membran und dem Port gemacht, in nur einigen mm Abstand.
Hierzu nehmen wir uns einen 2x12 Sub mit Eckports. (4 Eckports außen + 2 Dreieckports mittig)

NF Messungen roh
Orange: Nahfeld Membran / Grün: Nahfeld Eckport in der Ecke / Blau: Dreieckport Mittig



Wir summieren beide Portmessungen, dies ergibt 81cm² + 162cm² = 243cm²
Damit wir auf die ursprünglichen 324cm² Portfläche pro Chassis kommen, wird ein weiterer Eckport summiert.

Dies skalieren wir nun vom Nahfeld auf's Fernfeld:
Portfläche: 324cm²
Membranfläche: 545cm²

Wir haben 3 Ports summiert, also ziehen wir entsprechend 9dB Pegel ab und skalieren uns den Pegel gemäß
(Port / Sd)^0.5 auf den Nahfeldpegel der Membran.
Danach summieren wir die beiden Nahfeldmessungen

NF Messungen summiert
Orange: Port / Grau: Membran / Blau: Summiert



Wir korrigieren noch den Bafflestep anhand der 36x68cm großen Schallwand.

NF Messungen Bafflestep
Grün: vorher / Blau: korrigiert



Nun skalieren wir auf den Fernfeldpegel in 4pi in 1m Abstand und vergleichen dies mit unserer GPM auf 2 Meter.

Wir bedenken:
• Spiegelschallquelle entspricht +6dB.
• Entfernungsverdopplung entspricht -6dB.
• Eine GPM in 2m entspricht also dem Pegel auf 1m. 

NF vs GPM
GrauZusammengefügte Nahfeldmessungen im Pegel skaliert.
HellblauNahfeldmessungen Mit Bafflestep-Korrektur.
GrünNahfeldmessungen +6dB im Pegel angehoben.
Rot: Zum Vergleich die GPM mit 2m Messabstand.

Oh, erst mal 6dB zu wenig Pegel..... Wieso?
Da wir per Nahfeld nur den halben Bass (Hälfte der Ports und nur ein Chassis) betrachtet haben, per Bafflestep korrekterweise aber den kompletten Bass.
GPM haben wir allerdings den 2x12" gemessen mit 2W (2,83V @ 4 Ohm), wie wir wissen entspricht dies dann +6dB gegenüber einer 1x12" Variante (Doppelte Membranfläche + Doppelte Leistung)
Also heben wir unsere Nahfeldmessung einfach um +6dB an um mit der GPM vergleichen zu können, dies entspricht dann 1:1 der 2x12" Variante.

Doch Vorsicht:
Eine solche Nahfeldmessung ist in der Frequenz nicht sonderlicht weit nach oben gültig, weit weniger hoch als eine GPM.
Die obere Frequenz bestimmt die größte Abmessung der Quelle; wir haben ein 32cm Chassis, aber eine Schallwanddiagonale von 77cm.
Das entspricht in der Theorie einer oberen Frequenz von rund 100Hz.
Dies erkennen wir in der letzten Mesung auch im Vergleich zur GPM, relevante Unterschiede treten ab grob 120Hz auf.


Untersuchung vom Nahfeld

Wir untersuchen jetzt in der Praxis ab wann wir kein Bafflestep mehr messen, als auch ab wann wir mit 6dB Pegelverlust zu rechnen haben,
im Vergleich zu den theoretischen Rechnungen.

Dazu habe ich den Tieftöner der LF-Sat8 V4 vermessen, Box am Stativ in 3,2 Meter Höhe.
Als Abstand wurde immer die Hälfte einer Abstandsverdopplung genutzt 😄
Pro Messung also theoretisch -3dB im Fernfeld und -1,5dB im Nahfeld, von 1mm bis 128cm.

Die gängige Theorie spuckt uns folgendes dazu aus:
• Chassisgröße 21cm
• Membrandurchmesser: 16cm
• Schallwand 25x41,5cm (inkl. seitlicher Überstände)
• Diagonale 48,5cm
• Abstand per Diagonale*3 entspricht 145,5cm
• Obere gültige Grenzfrequenz im Nahfeld für das 8" Chassis: 290Hz (Quelle: Diagramm ARTA Handbuch)
• Obere gültige Grenzfrequenz im Nahfeld in Bezug auf die Schallwand: 130Hz
• Fehler <1dB max 2,3cm

Unser Messabstand-Rechner:
• Fernfeld 450Hz ab 37 cm
• Fernfeld 250Hz ab 67 cm
• Fernfeld 100Hz ab 167 cm
• Nahfeld 450Hz <7,6 cm
• Nahfeld 250Hz <13,8 cm
• Nahfeld 100Hz <34 cm

Für uns ist nun der Bereich von 130Hz interessant, da ab hier der Bafflestep beginnt.
Im Nahfeld bewegen wir uns dann im Bereich <30cm

Wichtig: Auf Grund der mini Schallwand und unserem zu betrachtenden Bereich von >100Hz
beträgt der Bafflestep hier noch keine 6dB, sondern als Maximum in unserem Bereich nur circa 3dB.

 

Bafflestep und obere Grenzfrequenz

Nahfeld untersuchung 01
Untersuchung der oberen Grenzfrequenz und Bafflestep


Hier wurde der Übersicht halber nur die Verdopplung der Entfernung genutzt und alle Pegel bei 451Hz auf 0dB normiert.
Blau stellt die Referenz dar, Messung auf 1 Meter inkl. reflexionsfreier Bass im Vollraum (4pi), es wurde jeweils ein Gate gesetzt.
Rot 125cm
Orange 64cm
Pink 32cm
Grün 16cm
Hellblau 8cm
Blau Referenz im Vollraum


Wir erkennen nun folgendes:
• Der Bafflestep beginnt ab grob <64cm (orange zu grün und blau).
• Die Nahfeldmessung <2cm (halbraum) ist gültig bis grob 300Hz.
• Vernünftige Ergebnisse oberhalb 1000Hz gibt's erst oberhalb 64cm Messabstand (Orange). (Nicht eingeblendet: 96cm, entspricht 1:1 der Messung auf 128cm)
• Ab circa 64cm Messabstand sind wir im Bereich 150Hz im Vollraum und messen keinen Bafflestep mehr.
• Unser Fernfeldrechner kann hier also problemfrei genutzt werden.


Fehler <1dB im Nahfeld

Wir messen in 1mm, 2,5mm, 5mm, 10mm, 20mm, 30mm und 40mm
Die Verdopplung der Entfernung wurde in jeweils Rot dargestellt, "bunt" entspricht jeweils der Hälfte.

 Nahfeld untersuchung 03
Zwischen 10mm und 20mm haben wir recht genau 0,85dB Pegeldifferenz, zwischen 5mm und 10mm weniger als 0,43dB
Zwischen 1mm und 10mm sind es 1,2dB. Bei 1mm zu 20mm beträgt die Differenz recht genau 2,1dB.


Wir haben jedoch errechnet, dass der Fehler erst unterhalb 23mm bei unter 1dB für ein 8" Chassis liegen sollte.
Was ist falsch gelaufen?
Wir geben nun den reinen Membrandurchmesser von 16cm an und erhalten als Ergebnis 17,6mm.
Das kommt schon eher hin, aber auch erst bei 800Hz.

Wir gehen aber mal davon aus, dass die 1mm Messung nicht 100% genau ist, da dies wirklich schon extrem nah ist und bei bissel Hub
das Chassis schon an das Mikrofon stoßen könnte, nehmen wir als Referenz nun also die Messung in 2,5mm Abstand.

Pegeldifferenz zur 2,5mm Messabstand bei 106Hz abgelesen:
5mm - 0,15dB
10mm - 0,55dB
20mm - 1,5dB

Kommt also auch nicht ganz hin.

Lösung:
Wir nutzen den Chassisdurchmesser und teilen das Ergebnis vom Nahfeldrechner durch 2,
was dann 11,5mm entspricht, dieses Ergebnis kommt auch gut mit unseren Messungen hin.
Dem Fernfeldrechner wurde nach diesem Praxisversuch ein entsprechender Hinweis hinzugefügt.

Merke: Für Nahfeldmessungen so nah ran wie möglich, aber den Hub beachten,
als Faustregel würde ich sagen: 5mm bis maximal 10mm Abstand zur Membran.



Pegelverlust Nah- und Fernfeld

Wir messen in 1mm, 2,5mm, 5mm, 10mm, 20mm, 30mm, 40mm, 60mm, 80mm, 120mm, 160mm, 240mm, 320mm
Die Verdopplung der Entfernung wurde in jeweils Rot dargestellt "bunt" entspricht jeweils der Hälfte.
Also rot zu rot oder "bunt" zu "bunt" entspricht jeweils einer Verdopplung der Entfernung.

Nahfeld untersuchung 02
Untersuchung Schalldruckpegelverlust


Hier erkennen wir auch noch mal gut den Bafflestep, wir vergleichen je Kurve 300Hz mit 100Hz.
Während wir bei <20mm Messabstand noch eine Differenz von fast 3dB haben, haben wir bei 16-24cm nur noch knapp 1dB.

Laut Theorie müssen die Abstände hier immer 3dB zueinander haben, alle in rot zueinander sogar jeweils 6dB.
Die beiden unteren (rot+blau) müssen wir uns circa 0,4dB nach oben denken, denn hier habe ich auf Grund des
Messabstandes den Messpegel eine ganze Ecke erhöhen müssen, was diesen Pegelverlust ergeben hat.

Bei 106Hz abgelesen:
- Abstand. 6cm zu 12cm entspricht +5dB, 12cm ist also im Übergang zum Nahfeld.
- Abstand. 8cm zu 16cm entspricht +6dB, 16cm könnte man meinen, wäre schon im Fernfeld

Wir erinnern uns aber, dass wir jetzt langsam aus dem Bereich des Bafflestep herauskommen, sprich der Übergang von 2pi zu 4pi.

Also lesen wir nun im noch gültigen Bereich (wo fast kein Bafflestep mehr messbar ist) von 300Hz den Pegel ab:
- Abstand. 6cm zu 12cm entspricht +4,5dB, 6cm ist also im Übergang zum Nahfeld.
- Abstand. 8cm zu 16cm entspricht +5,5dB, 8cm ist also immer noch im Übergang zum Nahfeld.
- Abstand. 12cm zu 24cm entspricht +6dB, ab grob 12cm hier sind wir ab 300Hz aufwärts im Fernfeld

• Der Nahfeldrechner @300Hz spuckt dazu aus: <11,5cm = Nahfeld
• Der Fernfeldrechner bezogen auf die Schallwandgröße @300Hz sagt: 56,6cm


Jetzt haben wir ein Problem:
Die Nahfeldmessungen sind nur bis 300Hz gültig und entsprechen 2pi, also ohne Schallwandeinfluss,
das ist genau der Bereich vom Bafflestep.
Eigentlich wollen wir aber den Pegelverlust im Bass vergleichen, jedoch haben wir im
interessanten Messabstand von ~30cm schon Verlust vom Bafflestep.
Dies macht ein Ablesen schon schwierig

Wir gehen also davon aus, dass wir bei 106Hz @ 32cm schon grob 2dB weniger durch den Bafflestep haben, und bei 24cm -1,5dB.

Rechnen wir das also einfach mal drauf, ergibt sich folgendes:
- Abstand. 16cm zu 32cm entspricht +5dB, 16cm ist also noch im Übergang zum Nahfeld.
- Abstand. 24cm zu 32cm entspricht +5,5dB, 24cm ist also noch knapp im Übergang zum Nahfeld und 32cm sollte schon knapp Fernfeld darstellen.


Wir erkennen nun Folgendes:
• Der Übergang vom Nah- in's Fernfeld ist fließend, sowohl vom Pegel als auch Bafflestep
• Das Fernfeld beginnt in unserem Fall ab grob 12cm @300Hz
• Das Fernfeld beginnt ab grob 32cm @100Hz
• Unser Nahfeldrechner kann also genutzt werden
• Der Bafflestep nimmt ab 4-6cm Messabstand langsam ab
• Ab circa 64cm sind wir im Bereich 150Hz im Vollraum und messen keinen Bafflestep mehr (oder nur noch sehr wenig)
• Unser Fernfeldrechner kann hier also ebenfalls genutzt werden (Zeigt aber leicht mehr an, er geht eben auf Nummer-Sicher)

 

Fazit:

Wir müssen unterscheiden zwischen Pegel und Bafflestep im Nah- und Fernfeld.
Gerade im Fernfeld wollen wir aus beiden Bereichen raus sein, sprich den korrekten Pegel messen, als auch keinen Einfluss mehr vom Bafflestep.
Wenn wir sicher sein wollen, können wir uns auf den Nahfeld- und Fernfeld-Rechner definitiv verlassen.
Nur das Ergebnis des "Nahfeld-Fehler <1dB" Rechner sollte zur Sicherheit halbiert werden.
Für genauere Untersuchungen, müssten wir in allen Abständen sauber bis mindestens 50Hz runter messen, was auf Grund eines fehlenden RAR bei mir nicht möglich ist,
eine Kombination aus Nahfeld und GPM finde ich persönlich zu Fehleranfällig für solch einen Vergleich.
Somit bestätigen wir hier die Theorie, bzw. Rechnungen im oberen Frequenzbereich und verlassen uns für den Unteren auf die theoretischen Rechnungen.

Für Nahfeldmessungen an Membran oder Port sollten wir einen maximalen Abstand von 4cm einhalten, für Pegelgenaue Nahfeldmessungen maximal 1,2cm.
Vom Frequenzverlauf nach oben hin beträgt unser Mindestabstand 64cm.
Vom Pegelverlust bei 300Hz betrachtet, sind wir bereits ab 32cm im Fernfeld, vom Bafflestep her, müssen wir mindestens 64cm Abstand halten.
Messen wir den Bereich <300Hz per GPM oder Nahfeld, beträgt unser Mindest-Messabstand 64cm für "ok" Ergebnisse und 96cm für für genaue Ergebnisse.


Kurzum:

  • Für GPM Vollraummessungen, die bis in den tiefen Frequenzbereich genau werden müssen, sollten wir uns an den Fernfeld-Rechner halten, für "noch genau genug" können wir hier von der echten Schallwand ausgehen und müssen nicht Echte + Spiegelschallquelle zusammenrechnen.
  • Für Pegelgenaue Nahfeldmessungen sollten wir so nah dran wie möglich, bzw. wie es der Hub des Chassis zulässt.
  • Den Mindest-Messabstand für Pegelgenaue Nahfeld-Messungen können wir vom Nahfeldrechner (Fehler <1dB) ablesen und durch 2 teilen.
  • Den Mindest-Messabstand für Pegelgenaue Messungen können wir aus dem Nahfeldrechner (mit Membrangröße) ableiten
  • Den Messabstand ohne Schallwandeinfluss können wir aus dem Fernfeldrechner ableiten, samt Eingabe von Frequenz und Schallwandgröße



Wie weit ist die GPM gültig?

Das kann man immer nur grob abschätzen.
Haben wir einen schallharten Boden, dann natürlich höher als z.B. auf einer Wiese.
Je größer der Messabstand ist, desto weniger ist man unter Winkel, desto höher ist die Messung genau,
deswegen macht es auch Sinn die Box leicht anzuwinkeln, dass sie auf das Mikrofon zeigt, also weniger Winkeleinfluss in der Messung.
Über den Daumen bewegen wir uns von der Gültigkeit her, bei einer 12-15" Box, im Bereich 300-600Hz.

 


GPM in der Praxis

Hier habe ich einen Bass in verschiedenen Entfernungen per GP gemessen.

gpm entf

Messabstand:
0,25m - Lila
0,5m - Hellblau
1m - Orange
2m - Grün
4m - Rot

Der Bass wurde je Messabstand passend angewinkelt.

Wir sehen, je größer der Abstand, desto identischer werden die Messungen, trotz des Mini Subs (36x68cm).
An Hellblau, vor allem aber Lila erkennen wir gut, dass wir uns einer Halbraum-Messung nähern, bzw. der Bafflestep weniger Einfluss nimmt.
An Lila sehen wir, dass die Skalierung nun nicht mehr passt, wir haben weniger als 6dB Pegelverlust auf Entfernung.

Der Fernfeldrechner spuckt uns dazu aus, dass wir erst ab über 2,6m (inkl. Spiegelschallquelle 3,4m) im Fernfeld für unter 100Hz sind.
Die Pi*Daumen-Rechnung sagt: 3x Diagonale (77cm) entspricht 2,3 Meter (inkl. Spiegelschallquelle 3m)
Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen und in diesem Fall stellen die 2 Meter ein aussagekräftiges Ergebnis dar, mit einem Auge zu sogar ab bereits 1m.

Ich betone: Je größer der Bass/Schallwand, desto ausgeprägter sind diese Effekte.

 

Noch mal zum Nahfeld-Fernfeld-Rechner

Wir erinnern uns: Nahfeld entspricht Messabstand < Wellenlänge / Fernfeld: Wellenlänge > Abmessung der Quelle
Meine Erfahrung ist, dass man die echte Schallwandgröße als Berechnungsgrundlage nehmen kann und nicht die Doppelte (da Spiegelschallquelle),
so kommt beim Rechner 2,6m @100Hz heraus.
Der Rechner geht immer auf "Nummer-Sicher" bei der Berechnung des Fernfeldes, ab wann der Fehler 0dB entspricht.
Der Nahfeldrechner gibt an, ab wann die Pegelabweichung <1dB entspricht für "direkte" Nahfeldmessungen,
oder den maximalen Abstand, in welchem wir uns zu 100% im Nahfeld befinden, ab wann auch langsam der Bafflestep nicht mehr gemessen wird.
Wäre in diesem Fall: 69cm @50Hz

 

Mein Tipp, nach eigener Praxiserfahrung:
• Absoluter Mindestabstand mit noch leichten Fehlern -> (Fernfeldrechner @100Hz - Nahfeldrecher @50Hz) / 2
   Beispiel: (2,6m - 0,69m) = 0,95 Meter
• Optimaler Mindest-Abstand -> 1x Fernfeldrechner @100Hz (Schallwand ohne Spiegelschallquelle)
• Optimaler Mindest-Abstand -> Faustformel: Schallwanddiagonale x3

Link zum Rechner
Mit Vorbehalt, wenn wieder richtig große Bässe zum messen da sind, werde ich dies noch mal nachprüfen.


Und was is nu mit dem Ripple?

Haben wir einige Objekte in der nahen Messumgebung, oder Wände kommen nahe, dann haben wir natürlich Reflexionen.
Der Abstand zum nächsten Hindernis sollte mindestens dem 5-fachen Messabstand betragen,
damit die Reflexionen um mindestens 20dB abgeschwächt sind. Somit tragen Reflexionen unter 1dB zum Gesamtergebnis mit bei.

Heißt: Wir messen mit 2m Abstand, dann sollte das nächste Hindernis mindestens 10 Meter entfernt sein, in 4 Meter 20m und in 1m Messabstand 5 Meter.
Je größer die Quelle, desto größer muss der Messabstand gewählt werden, desto größer muss die Fläche zum messen sein.

gpm sub212

Oben eine GPM am Schallharten Boden (30cm starker Beton), mitten aus meinem Hof.
Erstes Gate (Orange) gesetzt vor dem ersten Objekt von 12,5m Entfernung (25m Gatelänge)
2tes Gate nach völlig übertriebenen 470 Meter (Blau), hier haben wir auch 3 große Wände, nach 13m, 16,3m und 21 Meter, samt viel Zeug was rumsteht (Maschinen, Bank, Blumen, Autos etc.).

Wir bekommen "Ripple" in die Messungen mit rein, diese sind aber so klein, dass sie zu vernachlässigen sind, wir können noch super ablesen,
aber es schaut halt nicht mega hübsch aus.


Das gleiche noch mal mit Zoom und völlig ohne Glättung (DFT)

gpm sub212 zoom



Zusammenfassung:

GPM entspricht einer Vollraum-Messung, jedoch mit einem um +6dB höherem Pegel. Lösung: Messung auf 2 Meter statt 1 Meter.
Bei Halbraum spricht man immer von +6dB im Pegel, diesen erhalten wir, jedoch in Abhängigkeit der Schallwandgröße, nur bis zu einer gewissen Frequenz,
   darüber spielt ein Chassis oder Box immer im Halbraum.
   Eine "echte" Halbraum-Messung wäre in einer unendlichen Schallwand, also z.B. dem Chassis bündig im Boden verbaut.
   Zum Vergleich betrachte die Nahfeldmessung weiter oben, welche noch keine Bafflestep-Korrektur erhalten hat.
Eine GPM ist vom Frequenzverlauf nach oben hin höher gültig als eine Nahfeldmessung, über den Daumen 3-5mal höher.
Ripple ist nicht schlimm, sofern es keine wirklich großen Reflexionen sind.



Hier noch mal in 2 Grafiken grob zusammengefasst

gpm raumwinkel
GP / Freifeld / Halbraum auf 1 Meter

messarten fg


Ich hoffe ich konnte damit einigen Einsteigern (und vielleicht auch Fortgeschrittenen) eine kleine Hilfe bieten.
Feedback, Kritik und weitere Fragen sind gerne willkommen, am besten im zugehören Forenthema


 


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