Ich versuche, das mit den Interferenzen mal anschaulich zu erklären.
Schall ist eine Luftdruckschwankung. Die versetzt das Trommelfell in Bewegung, sodass der Mensch Schall hören kann.
Ein Chassis erzeugt die Luftdruckschwankung, indem sich die Membran vor und zurück bewegt. Bewegt sie sie nach vorne, wird die Luft davor komprimiert, bewegt sie sich nach hinten, wird die Luft vor der Membran expandiert, also "dünner". Die Luftdruckschwankung bleibt aber nicht vor der Membran stehen, sondern breitet sich von dort aus aus, und zwar mit der Schallgeschwindigkeit von 343 Metern pro Sekunde.
Nehmen wir mal an, dass die Membran mit 1 Hz schwingt, also der Zyklus ganz vorne -> ganz hinten -> ganz vorne eine Sekunde dauert. Der maximale Luftdruck, der am Anfang des Zyklus erzeugt wird, hat sich am Ende des Zyklus, nach einer Sekunde, um 343 Meter vom Chassis wegbewegt. Das ist die Wellenlänge des Schalls bei 1 Hz. Bei 2 Hz dauert der Zyklus nur eine halbe Sekunde, der Wellenberg vom Anfang des Zyklus legt also nur 171,5 Meter zurück. Die Wellenlänge ist halb so groß.
Wenn man sich die Luftdruckschwankung entlang der Ausbreitungsrichtung des Schalls ansieht, dann hat die eine Wellenform. Wenn das Chassis gerade ganz vorne ist, hat die vorherige Schwingung folgendes bewirkt: In 343 Metern vom Chassis ist der Luftdruck maximal, in 171,5 Metern minimal, direkt am Chasis wieder maximal.
Was passiert jetzt bei zwei Schallquellen? Ich habe das mal vereinfacht aufgemalt:
Die schwarzen Kreise sind die Schallquellen mit 40 cm Abstand. Der blaue Kreis ist die Hörposition genau mittig zwischen den Schallquellen in 5 Metern Abstand von der Verbindungslinie. Das dürfte ein typisches Szenario sein. Wir nehmen an, dass die Chassis mit gleicher Auslenkung, in Phase und periodisch schwingen. Sie bewegen sich also immer gleichzeitig vor und zurück, und zwar immer wieder und gleich stark.
Der grüne Punkt ist 50 Zentimeter neben dem blauen, der rote einen Meter. Die Linien zeigen jeweils die gerade Schallausbreitung zu den Hörpositionen und die zugehörigen Abstände. Man sieht, dass die Abstände zu den beiden Schallquellen jeweils unterschiedlich sind, nämlich um 7,84 cm für die rote Hörposition und um 3,98 cm für die grüne Hörposition.
Jetzt ist klar: Wenn das Druckmaximum von der linken Schallquelle an einer Hörposition ankommt, dann ist das Druckmaximum von der rechten Schallquelle noch unterwegs. Anders gesagt kommen zum selben Zeitpunkt an einer Hörposition verschiedene Luftdruckzustände an.
An der blauen Position ist der Laufwegunterschied gleich null. Der Schall von beiden Quellen hat dort immer denselben Zustand und verstärkt sich daher. Beide Chassis "schieben" den Luftdruck gleichzeitig ins Ohr. Und zwar unabhängig von der Frequenz, mit der die Chassis schwingen.
Das passiert auch bei einem Laufwegunterschied, der ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist. Dann überlagert sich der Wellenberg vom rechten Chassis mit dem Wellenberg vom linken Chassis aus einer früheren Schwingung.
Wenn aber der Laufwegunterschied eine halbe Wellenlänge ist, überlagern sich ein Wellenberg vom linken Chassis und ein Wellental vom rechten Chassis. An der Hörposition drückt ein Chassis die Luft hin, das andere zieht sie weg. Unter idealen Bedingungen gleicht sich das so aus, dass es keine Luftdruckänderung an der Hörposition gibt - es ist schlicht still.
Für die grüne Hörposition ist der Laufwegunterschied 3,98 cm, was einer Schallfrequenz von 8618 Hz entspricht. Schwingt die Chassis mit dieser Frequenz, kommen die Wellenberge beider Chassis gleichzeitig an der grünen Position an. Bei der halben Frequenz, also 4309 Hz, ist der Laufwegunterschied aber nur die halbe Wellenlänge. Wellenberg trifft auf Wellental, es kommt zur Auslöschung.
An der roten Hörposition gibt es analog eine Verstärkung bei 4375 Hz und eine Auslöschung bei 4309 Hz.
Das bedeutet aber auch: Steht man an der roten Position, sind die 4375 Hz sehr laut; macht man einen kleinen Schritt seitwärts zur grünen Position, gibt es eine Auslöschung bei 4309 Hz. Bei 4375 Hz ist die Auslöschung an der grünen Position nicht vollständig, aber sehr stark.
Wenn man das übeträgt, bedeutet das, dass an jeder Position im Raum die Laufwegunterschiede unterschiedlich sind, sich also andere Frequenzen komplett auslöschen. Der Frequenzgang ist an jeder Position anders.
Das ist natürlich rein theoretisch, in der Praxis sorgen beispielsweise Reflexionen dafür, dass die Auslöschung nie vollständig ist. Aber stark hörbar ist das schon.
Jochen